Menschliche Metamorphose

Was bedeutet menschliche Metamorphose für mich? Für die Erklärung benutze ich gerne die Bilder aus der Tierwelt.
Eine Raupe weiß nicht, dass sie einmal ein Schmetterling sein wird. Ihre Bestimmung scheint zu sein, Blattwerk zu fressen. Aus menschlicher Sicht hat sie starke Bodenhaftung, keine Chance, sich daraus zu erheben. Irgendwann sucht sie sich einen Ruheplatz zum Verpuppen und die Verwandlung beginnt. Das gesamte DNA-Material wird in einer Art Ursuppe neu sortiert. Schließlich erhebt sie sich als Schmetterling in die Leichtigkeit des Lebens.
Auf den Menschen übertragen, bezeichne ich die Raupenphase als die Phase des schläfrigen Bewusstseins. Die Phase, in der der Mensch das tut, von dem er glaubt, es sei seine Bestimmung. Vielleicht, weil viele andere es genauso machen.
Der Übergang aus der Raupen-Phase hinaus beginnt, wenn irgendetwas dieses eingefahrene System aufrührt, vielleicht eine Krankheit, eine Trennung, Kündigung oder ein anderes tiefgreifendes Ereignis. Dann braucht es Rückzugsmöglichkeiten aus dem Geschehen heraus, um sich klar darüber zu werden, was neu sortiert und kreiert werden kann, um die neue Situation gut zu bewältigen. Das ist dann die Phase, die, aus meiner Sicht, der Verpuppung der Raupe entspricht.
Ist dann die Neuausrichtung, die Neuorientierung fortgeschritten, entsteht der Wunsch, das neu Entdeckte ins lebendige Leben zu entfalten, Veränderungen umzusetzen. Das wiederum schenkt dem Leben Leichtigkeit und Lebendigkeit. Die Schmetterlings-Phase bezeichne ich auch als jene des wachen Bewusstseins. Denn nur wenn ich aufwache und feststelle, dass etwas verändert werden sollte, und dann wach nach Lösungen suche, kann ich in die Leichtigkeit eines Schmetterlings gelangen.
In den über 30 Jahren, seit ich mich auf die Suche nach meiner innersten Wahrheit gemacht habe, habe ich mit den unterschiedlichsten Themen immer wieder diesen Metamorphose-Prozess durchschritten. Inzwischen darf ich in vielen Situationen und Momenten die Leichtigkeit des Schmetterlings wahrnehmen. Durch das wache Bewusstsein in mir werden mir Einblicke in mein Umfeld geschenkt, die vorher nicht möglich waren. So kann immer wieder erneut ein Metamorphose-Prozess in mir beginnen, um schläfriges Bewusstsein bei einem bestimmten Thema in waches Bewusstsein zu verwandeln.
Für mich gehören solche, manchmal ganz unvermittelt auftauchende und beginnende, Phasen der menschlichen Metamorphose zu dem, was ich das Abenteuer Leben nenne.
Ich habe dieses Abenteuer lieben gelernt.

Ulrike Mönkemöller
www.naturheilpraxis-mönkemöller.de

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Antworten

  1. Liebe Ulrike, ich finde deinen Text über die Metamorphose wunderbar und ich musste schmunzeln, habe ich doch angesichts eines Familientreffens diesen Sommer ein Gedicht geschrieben, das sich mit deinen Worten nahezu deckt. Vielleicht gefällt es dir ja?

    Das Gartenfest

    Raupen rings umher
    Raupen in unterschiedlichsten Erscheinungsformen
    Groß, klein
    Dick, dünn
    Behaart
    Stachelig
    Samtig weich
    Bunt, einfärbig
    Sich behäbig bewegend
    Oder still verharrend
    Schmatzend, schnatternd
    Sich zu Grüppchen formierend
    Sich ihres Lebens noch nicht bewußt
    Mittendrin ein paar Schmetterlinge
    Leicht und glänzend
    Lichtumwoben
    Schwerelos dahinflatternd
    Frohlockend in der Sommerluft
    Zeitweise vergessend, jemals Raupen gewesen zu sein
    Nur die Körper erinnern noch im Entfernten daran
    Erinnern sich an die Wandlung
    Als der Geist ihre Flügel erfüllte
    Und sie emporschwebten
    Wissend um ihr entpupptes Bewusstsein

    1. Liebe Daniela,
      das ist ein wundervolles Gedicht und beschreibt sehr schön das Miteinander in verschiedenen Entwicklungsstadien.
      Danke, dass Du es hier, inspiriert durch meinen Artikel, teilst.
      Entschuldige, dass ich erst so spät antworte, ich war zwischendurch im Urlaub.