Was uns davor bewahrt, uns mit den von uns benutzten Maschinen zu verwechseln
Ein liebevollerer Umgang mit uns selbst würde uns davor bewahren, dass wir uns selbst mit den von uns benutzten Maschinen verwechseln. Sie können nur deshalb so perfekt funktionieren, weil sie keine Bedürfnisse haben.
Wie erleben gegenwärtig eine digitale Transformation, von der alle Lebensbereiche erfasst werden. Ganz leise, ohne Zwang, ja sogar mühelos und fast selbstverständlich haben sich die digitalen Geräte in unser Alltagsleben eingeschlichen. Kaum jemand sieht in dieser Entwicklung ein Problem. Die meisten sind froh über die Möglichkeiten, die sich aus der fortschreitenden Digitalisierung ergeben. Noch vor Beginn der Corona-Krise hatten die Anbieter digitaler Geräte und Dienste nicht zu hoffen gewagt, dass ihre Branche solch einen Boom erlebt. Fast schon breitet sich eine ähnlich große Begeisterung über die ungeahnten Möglichkeiten dieser technischen Innovation aus wie schon einmal zu Beginn der Industrialisierung, als die Dampfmaschinen, Verbrennungsmotoren und elektrischen Geräte Einzug in unser Alltagsleben hielten.
Niemand hat es damals geahnt, aber heute wissen wir, wie sehr diese Geräte und Maschinen unser Leben und unser Zusammenleben als Menschen bestimmt haben. Und wenn wir ehrlich sind, können wir uns jetzt auch eingestehen, wie sehr wir unser eigenes Selbstverständnis aus den Konstruktions- und Funktionsmechanismen dieser Maschinen abgeleitet haben: Die DNA ist unser Konstruktionsplan, der Körper funktioniert, nutzt sich ab und kann repariert werden wie eine Maschine. Der Einzelne ist ein Zahnrad im Getriebe der betrieblichen Abläufe, die von nicht weiter hinterfragbaren, sich zwangsläufig aus der Arbeitsweise der Maschinen ergebenden Vorgaben bestimmt werden.
Es ist beeindruckend, wie sehr das damals im Maschinenzeitalter geprägte Denken auch heute noch in unseren Köpfen herumspukt.
Diese industrielle Transformation ist längst vorbei, jetzt erleben wir die digitale Transformation. Sie ersetzt jetzt aber nicht mehr die Arbeitskraft des Menschen, sondern seine kognitiven Fähigkeiten. Digitale Geräte können sich mehr merken als wir, sich besser räumlich orientieren als wir, schneller und vor allem langweiligen Kram viel besser lernen als wir. Digital gesteuerte Automaten und Roboter ermüden nicht, sie arbeiten akkurater, zuverlässiger und effizienter als wir. Sie brauchen keine Pausen, keinen Urlaub, keinen Schlaf. Sie sind uns in fast allen Fähigkeiten überlegen und werden deshalb künftig alle Tätigkeiten übernehmen, die als Algorithmus in sie einprogrammierbar sind. Selbst das Autofahren übernehmen sie und es juckt sie auch nicht, alten Leuten als Pflegeroboter den Hintern abzuwischen. Und natürlich lernen unsere digitalen Helfer sehr schnell und erinnern uns daran, was wir gern machen und was wir machen sollten, um möglichst lange gesund zu bleiben.
Ist das die Zukunft, die auf uns wartet? Sollte all das, worum wir uns gemeinsam kümmern, nicht genau dem entsprechen, was wir für menschenwürdig halten?
Wollen wir uns durch digitale Geräte, durch Roboter und Automaten ersetzen lassen? Wollen wir uns von digitalen Geräten vorschreiben lassen, was wir zu tun und zu lassen haben? Wollen wir uns auf Schritt und Tritt von ihnen überwachen lassen?
Längst schwirren unsere persönlichen Daten auf diversen Online-Plattformen herum, und Computersysteme sind längst dabei, unser Verhalten, unsere Vorlieben und Abneigungen möglichst genau zu erfassen.
Ist es das, was wir unter einer menschlicheren Zukunft verstehen? Wollen wir diesen digitalen Geräten immer ähnlicher werden, indem wir immer besser lernen, unsere lebendigen Bedürfnisse zu unterdrücken und lieblos mit uns selbst umzugehen?
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